12. Tag Vrigstad – Ramkvilla 106 km

Am Morgen fahre ich sehr lange durch den Nationalpark über einen Bahnradweg. Eigentlich erstaunlich, man hat eine Bahn durch diese Seenlandschaft schnurgerade hindurch gebaut und Seen geteilt, um die Bahn dann wieder zu entfernen.

Ich komme an weiteren Shelterplätzen vorbei, die nicht in meiner App eingetragen sind. Jeder Shelterplatz ist besetzt. Besetzt heißt jetzt nicht, dass der Platz voll belegt ist. Aber es sind mindestens zwei Parteien zu sehen.

Eigentlich habe ich mir überlegt, mich selbstständig zu machen und kleinere Wege zu nehmen. Aber diese Wege führen ins Nichts. Es sind Stichstraßen. Also folge ich meiner geplanten Route. Sie weicht ab und zu auch auf kleine Straßen aus. Dadurch stelle ich fest, wie sehr sich das Gefühl für die Gegend verändert. Es wird deutlich angenehmer. Ich frage mich auch, ob ich einfach gänzlich umplanen könnte. Weil ich bei einigen Straßen das unfallverhindernde Layout gesehen habe, verwerfe ich diesen Gedanken. Denn auf diesen Straßen kann man nicht Rad fahren.

Bei dieser Reise ist mir aufgefallen, dass ich anfange in manchen Dingen Dinge andere Länder erkenne. Jetzt fällt mir allmählich auf, wie ähnlich Schweden zu den britischen Inseln ist. Einerseits findet man kaum Plätze am Wegesrand, um zu rasten, weil sehr viel abgezäunt ist oder durch die Vegetation unzugänglich. In den Dörfern gibt es keine Sitzbänke. Dies bemerke ich besonders, als es zweimal wolkenbruchartig regnet. Es ist schwer, etwas zu finden, wo ich mich unterstellen könnte.

Gegen Nachmittag wird das Fahren wieder unangenehmer, weil der schwedische Eierkarton wieder anfängt. Man fährt rauf, man fährt runter, aber bleibt eigentlich meistens auf der gleichen Höhe.

Ich merke aber auch, wie viel Psychologie beim Radreisen dabei ist. Die Straßen ähneln teilweise den Straßen auf meinem Weg zum Nordkap. Wenn ich mir die Straßen als einen Weg weiter zum Nordkap vorstelle, wirken sie anders auf mich als auf einer Radreise, die vielleicht in Niebüll endet.

Den ganzen Tag ist immer wieder das Gleiche zu sehen. Einerseits ist das zu Sehende sehr faszinierend, andererseits ergibt sich eine gewisse Gleichförmigkeit.

Aber was mich am meisten erstaunt ist, wie wenige Mücken es gibt. Ich werde zwar hie und da gestochen, aber ich greife nicht zu meinem Mückenmittel. Nur wenn ich im Berg langsam hinauf radle, werde ich von Fliegen verfolgt. Gut, ich habe zwei Nächte lang in Sheltern verbracht. Wahrscheinlich rieche ich für Fliegen sehr verführerisch.

Meine Hauptwasserquelle sind Friedhöfe. Bei zwei Friedhöfen steht an den Wasserhähnen „Kein Trinkwasser“. Ungewohnt. Ob es darum geht, dass Wohnmobile nicht ihre Tanks voll machen oder es wirklich um hygienische Gründe geht, erschließt sich mir nicht.